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Deutsche in Haft im Ausland: Konsularische Betreuung

Haftbetreuung im Ausland © Zoonar.com/Andrii Yalanskyi
Deutsche Auslandsvertretungen betreuen deutsche Inhaftierte unabhängig vom Verfahrensstand oder von der Schuldfrage. Was bedeutet konsularische Betreuung von Inhaftierten?
Festnahme im Ausland: erster Kontakt zur deutschen Auslandsvertretung
Wenn der oder die Deutsche es verlangt, müssen die ausländischen Behörden die zuständige deutsche Auslandsvertretung über die Verhaftung informieren. Die Behörden müssen auf dieses Recht gemäß Artikel 36 des „Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen“ (WÜK) hinweisen. Sollte die festnehmende Polizeidienststelle diese Regel nicht kennen, können Betroffene darauf hinweisen und auf Einhaltung bestehen. Die Auslandsvertretung nimmt dann schnellstmöglich mit der inhaftierten Person Kontakt auf und informiert insbesondere auch zur Möglichkeit, sich anwaltlich vertreten zu lassen.
Das WÜK gibt den Auslandsvertretungen das Recht, mit Inhaftierten ihres Landes Kontakt zu halten, insbesondere sie in der Haft zu besuchen. Die Kontaktmöglichkeiten sind je nach Land unterschiedlich. Die Auslandsvertretung erkundigt sich, welche Gründe für die Verhaftung vorliegen, ob die Behandlung korrekt ist, ob Verpflegung und gesundheitliche Betreuung ausreichend sind und nach den Haftbedingungen (siehe dazu unten). Auf Wunsch der inhaftierten Person informiert sie außerdem die Angehörigen.
Wer übernimmt die Verteidigung vor Gericht?
In den meisten Ländern gelten vergleichbare Regeln wie in Deutschland: Betroffenen wird eine Pflichtverteidigerin oder ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, oder sie können eine eigene Anwältin oder einen eigenen Anwalt beauftragen. In jedem Fall muss die Anwältin oder der Anwalt vor Ort zugelassen sein, um vor Gericht verteidigen zu können. Wer einen eigenen Rechtsbeistand beauftragen möchte, muss diesen selbst bezahlen. Die Auslandsvertretung kann Verhafteten eine Liste von deutsch- bzw. englischsprachigen Anwältinnen oder Anwälten zur Verfügung stellen. Eine Übernahme der Anwaltskosten durch die Auslandsvertretung ist jedoch grundsätzlich nicht möglich.
Die Auslandsvertretung wirkt auf ein rechtsstaatliches Verfahren hin, also insbesondere darauf, dass es einen Verteidiger gibt und dass das Strafverfahren nach rechtsstaatlichen Prinzipien verläuft (s.a. „Wann ist ein Verfahren fair?“). Sie ist aber nicht am Verfahren beteiligt und kann grundsätzlich keinen Einfluss auf das Verfahren nehmen. Das heißt, sie verteidigt nicht vor Gericht, kann auch beispielsweise keine Beweise einbringen und auch keine Freilassung oder schnelleren Verfahrensabschluss bewirken. In Einzelfällen können Angehörige der Auslandsvertretung an Gerichtsverhandlungen beobachtend teilnehmen.
Welches Recht gilt?
Bei einer Straftat gilt grundsätzlich das Recht am Ort der Straftat. Bei einer (vermuteten) Straftat im Ausland wenden die Behörden daher das Landesrecht an. Deutsches Recht spielt für das Verfahren im Ausland in der Regel keine Rolle.
Neben der Frage, ob eine Straftat vorliegt, regelt das Ortsrecht auch das Strafmaß. Hier können die Gesetze deutlich von den deutschen Regelungen abweichen und auch Strafen vorsehen, die es in Deutschland nicht gibt. Das gilt auch umgekehrt – bei Straftaten in Deutschland werden die deutschen Gesetze angewandt und Urteile gesprochen – unabhängig von der Staatsangehörigkeit des oder der Angeklagten.
Wann ist ein Verfahren fair?
Andere Straftatbestände und Strafmaße als in Deutschland bedeuten nicht, dass Verfahren automatisch als „nicht fair“ einzustufen wären. Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention legt Kriterien für ein faires Verfahren fest. Dazu gehört insbesondere das Recht,
- über die erhobenen Vorwürfe in einer verständlichen Sprache informiert zu werden,
- sich selbst zu verteidigen oder durch einen Rechtsbeistand verteidigen zu lassen,
- die eigene Verteidigung ausreichend vorbereiten zu können,
- Zeuginnen/ Zeugen zu befragen und
- auf eine/n Dolmetscher/in, wenn die Verhandlungssprache nicht verstanden wird.
Außerdem muss über die Vorwürfe ein unabhängiges und unparteiisches Gericht entscheiden.
Die Haftbedingungen
Im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe muss diese vor Ort angetreten werden.
Im Ausland herrschen oft andere Haftbedingungen als in Deutschland. Ein Einfordern deutscher Standards ist nicht möglich. Es gibt internationale Mindeststandards, auf deren Einhaltung die deutschen Auslandsvertretungen achten – zum Beispiel bei ihren Besuchen in der Haftanstalt.
Im Rahmen der konsularischen Betreuung wird der oder die rechtskräftig Verurteilte auch darüber informiert, ob eine Überstellung zur Verbüßung der Reststrafe in Deutschland grundsätzlich möglich ist.
Konsularische Betreuung während der Haft im Ausland
Wenn die inhaftierte Person dies wünscht, führen die Konsularbeamtinnen und Konsularbeamten nach entsprechender Genehmigung durch den Haftstaat auch Haftbesuche durch. Wie schnell und wie häufig Besuche möglich sind, hängt dabei vom Einzelfall, aber auch von der Situation vor Ort ab. Haftbesuche sind nur eine von vielen Aufgaben, die die Rechts- und Konsularreferate wahrnehmen. Und nicht immer liegt die Haftanstalt in der Nähe der Auslandsvertretung.
In der Praxis kann die konsularische Betreuung sehr unterschiedlich ausfallen und richtet sich maßgeblich nach den Bedingungen vor Ort und nach dem Einzelfall. Manche Auslandsvertretungen übersenden Lesestoff, es können Nachrichten an die Familie in Deutschland weitergeleitet werden, bei Haftbesuchen können auch Hygieneartikel o. ä. mitgebracht werden, wenn diese vor Ort nicht erhältlich sind. Probleme mit den Haftbedingungen werden gegenüber der Gefängnisverwaltung angesprochen. Manchmal wird auch sprachlich und kulturell vermittelt. Oft geht es um ganz konkrete Probleme: Wie finde ich eine/n Anwalt/Anwältin? Wie kann ich eine/n Arzt/Ärztin konsultieren? Wie erhalte ich benötigte Medikamente? Wie lauten die Regeln in der Haftanstalt? Wie kann ich meine Brille reparieren lassen? Welche Möglichkeiten gibt es für Verwandte, Geld an mich zu überweisen? Wie kann ich Dritte zur Vertretung meiner Interessen in Deutschland (z.B. Kündigung von Verträgen) bevollmächtigen?
Inhaftierte mit mehreren Staatsangehörigkeiten
Bei Personen, die neben der deutschen auch die Staatsangehörigkeit des Landes haben, in dem sie inhaftiert sind, kann der Auslandsvertretung die konsularische Betreuung durch die Behörden verwehrt werden.